Rezension der „Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW“ Sachsen und NRW

Sachsen

33PDF Rezension

Quelle, 20. Februar 2018

http://www.ajum.de/index.php?s=datenbank&id=1917675

Die Welt scheint mit jedem beginnenden Tag geradezu darauf zu warten, entdeckt zu werden. Im Wieselkind Ratzfatz findet sie jemanden, der gar nicht genug von ihr bekommen kann. Der Leser begleitet den Protagonisten durch die Abenteuer seines Alltages. Das dabei fortlaufend vorgestellte Ensemble an weiteren Charakteren steht für Individualität, wie sie sich in sozialen Gemeinschaften ganz selbstverständlich zeigt. So lernt der Rezipient die Eule mit ihren scharfen Augen, die flinke Füchsin und andere Tiere kennen, welche zappelig, träumerisch oder auch nachdenklich sind, tiefe Gruben graben oder super klettern können, kennen.
Ratzfatz selbst präsentiert sich zumeist überaus aktiv, ruhelos und voller Tatendrang. Allein die immer wiederkehrenden Aufzählungen auf der Textebene sprechen für das Wesen des Wieselkindes. Bezug genommen wird damit auf das Erscheinungsbild der Hyperaktivität, ein heutzutage präsentes gesellschaftliches Thema.
Die Annäherung gelingt der Autorin Maria Hageneder und der Illustratorin Karoline Neubauer auf sehr vielschichtige Art und Weise, vor allem aber äußerst behutsam. Kinder haben die Möglichkeit, sich durch ganz vertraute Situationen mit der Hauptfigur zu identifizieren. Ratzfatz zeigt sich im Spiel mit Freunden, im Kreise der Familie, bei Unternehmungen oder beim Erledigen von Aufgaben. Er lässt sich, wie eben auch beinahe jedes andere Kind, in Situationen wiederfinden, welche ihn quirlig, schnell, bewegt und übermütig, aber auch erschöpft, still (z.B. nach dem Toben) und ganz bei sich (z.B. während der gemeinsamen Zeit mit der Familie in der Natur oder beim Kuscheln am Abend) darstellen.
Herausgearbeitet werden Ratzfatz’ Eigenschaften grundlegend positiv: Das Wieselkind zählt dank seiner Schnelligkeit zu den guten Schwimmern, hat einen großen Entdeckerdrang und viel Energie. Manchmal zieht sein Verhalten jedoch auch Missgeschick und Ärger nach sich. Aber auch jene Handlungen werden aus einer Perspektive beleuchtet, die es dem Leser ermöglicht, Verständnis und Mitgefühl aufzubringen. So zählt das Wieselkind zwar zu den schnellsten Aufgaben-Erledigern, lässt jedoch bei all der Herumflitzerei die für die Mutter zu besorgenden Eier unabsichtlich aus der Hand fallen. Nachvollziehbar angeführt wird weiterhin, dass nicht jeder (bspw. die Wieselschwester Lina) immer so gut mit dieser Unruhe zurecht kommt. Neben aller Anstrengung, die solch ein rasantes Leben von Zeit zu Zeit mit sich bringen kann, wird verdeutlicht, welche Rolle ein verlässliches soziales Umfeld, Akzeptanz, Liebe und Geborgenheit spielen.
Einen Abschluss findet die Geschichte mit dem Verweis auf bedeutende Figuren des öffentlichen Lebens wie Maler, Sportler oder Erfinder, welche ihre Eigenarten zum Potenzial ihres Schaffens machen.
Sowohl die Illustrationen wie auch der Text erzählen dem Thema entsprechend schnell und pointiert.In kurzen Sätzen, einfacher, aber lebendiger Sprache, ohne Ausschmückungen und mit treffendem Vokabular werden die meist aufregenden Erlebnisse des Wiesels skizziert.
Die Collage-Technik, zackige Elemente sowie klare, kräftige Farben unterstreichen die Stimmung, welche das Gesamtwerk prägt. Zudem lädt die oftmals vorhandene Vielzahl an Komponenten im Bild (wie in den Spielszenen oder in der Szene zu Ratzfatz’ Ideenreichtum) zum Entdecken ein.
Das Buch mit seiner kindgerechten Gestaltung bietet für junge Leser, Zuhörer und Betrachter neben der Möglichkeit zur Identifikation einen Raum, in dem signalisiert wird, dass sie in ihrer Individualität angenommen und verstanden werden – nicht nur begrenzt auf den Themenbereich der Hyperaktivität. Daher ist dieses Werk sowohl vielfältig in der pädagogischen Arbeit einsetzbar, aber auch hervorragend als selbstzweckhafte Lektüre geeignet.
[Stef 22 Sachsen]

Nordrhein-Westfalen

PDF: 3639_AJum-der-GEW_NRW_www.ajum.de_2017

Quelle, 20. Februar 2018

http://www.ajum.de/index.php?s=datenbank&id=1917675

Maria Hageneder und Karoline Neubauer führen auf pfiffige Art und Weise im Bilderbuch vom quirligen „Ratzfatz“ an das Thema Hyperaktivität für Kinder heran. Der Hauptheld ist ein Wiesel und bekanntlich liegt es in seiner Natur, flink, wendig und immer in Bewegung zu sein.
Das kleine Wiesel ist schneller als seine Geschwister und Freunde. Er ist morgens sofort in Bewegung und liebt es schnell zu sein. Ratzfatz ist er hier und gleich woanders. Wuseln, düsen, flitzen, sausen, das mag Ratzfatz am liebsten. Still und ruhig sein ist langweilig. Beim Versteckspiel ist jedoch genau das wichtig, um nicht so schnell gefunden zu werden. Ratzfatz nennen ihn alle und er braucht unablässig Rambazamba.
Die Füchsin und Papa verstehen was vom Schnellsein und powern den kleinen Ratzfatz gekonnt aus, so dass er Momente der Stille erleben kann. Dann lässt er sich für eine kurze Zeit mit Papa, Mama und seiner Schwester zum Kuscheln und Geschichten Vorlesen auf das Ruhigsein ein. Vor allem für Kinder, die ständig in Aktion sind, bietet dieses Bilderbuch ein Aha-Erlebnis. Neben der permanenten Hyperaktivität sprudeln eben auch tausende Ideen durch die kleinen Köpfe. Und im Bilderbuch erzählen Oma und Opa, dass es viele berühmte Ratzfatze gibt.

Maria Hageneder beschreibt mit wenigen Worten den aktiven Alltag eines bewegungsfreudigen Wiesels. Ganz augenscheinlich kennt sie hyperaktive Kinder und deren Problematik aus ihrer Tätigkeit als Sonder- und Heilpädagogin.
Vielleicht liegt es einfach in der Natur der Kinder ein Ratzfatz zu sein. Hageneder zeigt ohne pädagogisches Ausrufezeichen, wann es wichtig ist, ruhig und still zu werden. Und das gelingt sogar dem kleinen Ratzfatz in der Geschichte. Beim Betrachten und Hören ist es für Kinder ab 4 Jahren durchaus nachvollziehbar, dass es manchmal besser ist ruhig und konzentriert zu sein.
Karoline Neubauer bleibt in den Illustrationen nah am Text und beschränkt sich mit farbigen Collagen auf die wesentlichen Dinge. Die Figuren flitzen und purzeln fröhlich vor weißem Hintergrund ohne zu viele Details. Das führt den Blick ruhig von Seite zu Seite.
Das Bilderbuch lässt sich gut im Kindergartenalltag mit rhythmischen und bewegungsfreudigen Elementen integrieren.
Der beigelegte Bastelbogen „Ratzfatz springt“ lädt zum weiteren Spielen und Nacherzählen ein. Für Kinder ab 4 Jahren.
[Han 19 Nordrhein-Westfalen]